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!Max 'XomtnereU GEDANKEN OBER GEDICHTE
NUNC COCNOSCO EX PARTE
TRENT UNIVERSITY LIBRARY
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MAX KOMMERELL
GEDANKEN ÜBER GEDICHTE
VITTORIO KLOSTERMANN FRANKFURT AM MAIN
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Dritte Auflage Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung, Vorbehalten Copyright 1956 by Vittorio Klostermann, Frankfurt a. M. Printed in Germany
INHALT
Zur Verständigung
7
Vom Wesen des lyrischen Gedichts
9
Versuch eines Schemas zu Goethes Gedichten
57
1. Gruppe; Der innere Moment
78
2. Gruppe: Die einfache Situation
82
3. Gruppe: Die zusammengesetzte Situation
88
4. Gruppe: Der erschließende Zustand
103
5. Gruppe: Bezug der Momente durch das Motiv
108
6. Gruppe: Bezug der Momente durch das Innere
120
7. Gruppe: Der perspektivische Moment
128
8. Gruppe: Die Sphäre des Erlebnisses
140
9. Gruppe: Der eigene und der fremde Lebenslauf
163
10. Gruppe: Berührungen
185
11. Gruppe; Das Schema des Erlebens
198
12. Gruppe; Naturphilosophisdie Lyrik
203
Goethes große Gedichtkreise
216
Die römischen Elegien
224
Der Divan
249
Goethes Balladen
310
Die Dichtung in freien Rhythmen und der Gott der Dichter
430
Goethes freie Rhythmen
434
Novalis: Hymnen an die Nacht
449
Hölderlins Hymnen in freien Rhythmen
456
Nietzsches Dionysosdithyramben
481
Rillces Duineser Elegien
491
ZUR VERSTÄNDIGUNG
Uber Gedichte ist schwer reden. Schwer für den Undichte¬ rischen, schwerer für den Dichterischen. Und zu wem? Wer selbst mit Gedichten Umgang hat, will nicht belehrt sein. Wer ihn nicht hat, ist kaum zu belehren. Bedarf das stille Wirken eines Gedichtes unter den Menschen solcher Auslegungsversuche? Gewiß nicht. Besteht Gefahr, daß es dadurch gestört würde? Allenfalls! Warum also reden? Nun, es gibt die Tradition und deren Pflegestätten; es gibt solche, die ihrer walten, öffentlich oder daheim. Für sie ist das Wissen um die Gedichte und um das Dichten, für sie sind die Mittel, davon einen Begriff zu erwecken, nicht gleichgültig. Der Verfasser sähe es gern, wenn sein Buch eine Art Lehrmittel würde. Kein Abc - ein Rat für Geübte. Wenn er ferner seine Ansichten in geordneter Folge vor¬ legt, so möchte er auch nicht den Schein einer Beweis¬ führung erwecken. Er will seine innere Erfahrung ver¬ deutlichen, für andere benutzbar machen, nicht mehr. Jede dichterisch gebildete Natur trägt in sich den An¬ fang eines eigenen Verstehens. Falsch, entschieden falsch ist, was gar nicht von der Wirklichkeit eines Gedichts berührt wurde; und nur der irrt völlig, der dem Gedicht nicht zuhören kann. Der Verfasser war bemüht, seine Aus7
legungen nicht dogmatisch werden zu lassen, sondern sie beweglich zu erhalten. Denn wir sind auf Ergänzung an¬ gewiesen.
8
VOM WESEN DES
LYRISCHEN
GEDICHTS
Nach dem Wesen eines Dings wird wohl erst gefragt, wenn nicht mehr klar ist, wozu es dient. So hat man auch früher nicht gefragt, was das lyrische Gedicht sei, da die andere Frage; Wozu es diene, vom Leben selbst beantwortet war. Im geselligen Leben gab es einen Ort für das Gedicht, wo es, soweit es vollziehbar ist, voll¬ zogen wurde - ein Vorgang, nicht nur ein Gebilde. Daß das Gedicht (sei es ein griechisches, sei es ein mittelalter¬ liches) einen Ort im Leben hatte, dazu gehörte mancher¬ lei: Daß man es sagte od