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Richard Fortey
LEBEN EINE BIOGRAPHIE
Die ersten vier Milliarden Jahre
Aus dem Englischen von Friedrich Griese und Susanne Kuhlmann-Krieg Mit 28 Abbildungen
Deutscher Taschenbuch Verlag
Die Kapitel 1–6 wurden von Susanne Kuhlmann-Krieg, die Kapitel 7–13 von Friedrich Griese übersetzt.
August 2002 Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München www.dtv.de © 1997 Richard Fortey Titel der englischen Originalausgabe: ›Life. An Unauthorized Biography. A Natural History of the First Thousand Million Years of Life on Earth‹ © 1999 Verlag C.H.Beck oHG, München Umschlagkonzept: Balk & Brumshagen Umschlagbild: Catherine Collin unter Verwendung einer Fotografie von © Layne Kennedy/Corbis/Picture Press Life Satz: Fotosatz Janß, Pfungstadt Druck und Bindung: Kösel, Kempten Gedruckt auf säurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany · ISBN 3-423-33080-5
Für Jackie, in Liebe
Inhalt
1. Das ewige Meer
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2. Vom Staub zum Leben
37
3. Zellen, Gewebe, Körper
93
4. Meine Tiere und andere Familien
119
5. Reichtümer des Meeres
149
6. Landwärts
191
7. Schweigende Wälder, wimmelnde Meere
233
8. Der große Kontinent
261
9. Ungeheuer und unscheinbar
295
10. Theorien vom Ende
335
11. Saugend zum Erfolg
367
12. Die Menschheit
407
13. Räder des Zufalls, Räder des Glücks
445
Danksagung
457
Glossar
459
Abbildungsnachweis
467
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Das ewige Meer
Die Salterella suchte sich ihren Weg zwischen den Eisbergen. Das kleine Boot hüpfte und schlingerte, während ich über die Reling gebeugt in die klaren arktischen Wasser hinabspähte. Ich blickte in ein Gewimmel von Lebewesen, wie ich es nie zuvor gesehen hatte. Dieses eisige Meer war eine einzige bunt gescheckte Masse von Organismen. Winzige Ruderfußkrebse, einander gleich wie ein winziges beseeltes Ei dem anderen, ruderten im Oberflächenwasser zu Tausenden ihres Wegs, sich von Plankton ernährend, von dem ich wußte, daß es da war, obgleich ohne Mikroskop nichts davon zu sehen war. Da gab es Quallen jeglicher Größe: weiße, sacht pulsierende Scheiben, zerbrechlich wie Glaswolle, kleine, von emsig schlagenden Wimpern bedeckte rosafarbene Sperrballons von scheinbar fester Beschaffenheit, die sich aber, wenn man sie aus dem Wasser fischte, in gallertartige, schwer faßbare Wesen verwandelten, und von Zeit zu Zeit schließlich ein orangefarbenes Monster mit Tentakeln, die Fischen und Säugern üble Nesseln verhießen. Wirbelnd und schlagend ließen sie sich zu Millionen von den stummen Gezeiten treiben, ihr Ziel unter Kontraktionen verbergend, die ihnen genauso instinktiv gegeben waren wie das Atmen – Protoplasma-Lungen gleich, die sich in stumpfem Gehorsam gegenüber dem Impuls der Strömungen füllten und leerten. Hinter dem nächstgelegenen Eisberg hingen Küstenseeschwalben flügelschlagend in der Luft, spähten wie ich – allerdings ungleich schärfer – ins Wasser hinunter und stachen dann pfeilgeschwind herab, um einen
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lebenden Leckerbissen aus dem Meer zutage zu fördern. Das Treibeis war von ihrem Kot rosa verfärbt. Die Salterella kreuzte bei ungefähr 80 Grad nördlicher Breite weit jenseits des Polarkreises in der Hinlopenstretet, einer Meerenge zwischen den Inseln Spitzbergen und Nordaustlandet. Die sommerliche Wärme hatte das Treibeis abschmelzen lassen, und die Launen des Wetters hatten es zu Platten, Klippen und Trugbildern von Riesen geformt. Entlang der Wasserlinie war es vom Meer tief eingekerbt, von beharrlichen Wellen unablässig benagt. Hin und wieder geriet ein Gebilde ins Schwanken und barst. Wenn es mit großem ergebenem Platschen kentert