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Friedrich Dürrenmatt
Das Versprechen Requiem auf den Kriminalroman
s&c by AnyBody Eigentlich sollte sich Kriminalkommissar Matthäi, der auf der Höhe seiner Karriere angelangt ist, zum Flug nach Jordanien fertigmachen, um dort ein ehrenvolles Amt zu übernehmen. Da erreicht ihn ein Anruf aus Mägendorf, einem kleinen Ort in der Nähe von Zürich: ein ihm bekannter Hausierer teilt ihm mit, er habe im Wald die Leiche eines Mädchens, von einem bislang unbekannten Verbrecher grausam verstümmelt, gefunden. Matthäis Abflug ist in drei Tagen fällig, doch er fährt nach Mägendorf und verspricht den Eltern des Kindes »bei seiner Seligkeit« nicht zu rasten, bis er den Täter entlarvt hat. Die Dorfbewohner freilich halten den Hausierer von Gunten für den Täter. Nur mit Mühe kann Matthäi ihn in letzter Sekunde vor der Lynchjustiz retten - aber nicht vor dem Zugriff seiner Kollegen, die den Fall einfach, sauber und schnell lösen möchten ISBN 3-423-01390-7 Ungekürzte Ausgabe 1. Auflage Oktober 1978 8. Auflage Dezember 1983: 196. bis 225. Tausend Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München
Das Buch »Dürrenmatt, dem es nicht darum geht, längst schematisierte Kriminalromane zu schreiben, schafft den kriminellen Rahmen, um dem Leser gefällig zu sein, und macht ihn zum umfassenden parodistischen Romanstilmittel. Ihm geht es um das Verbrechen an sich, um die verbrecherische Anlage als klinisch-soziologisches Problem, das keineswegs nur kleinbürgerlich-hintertreppige Früchte zu zeitigen braucht, sondern welterschütternde Auswirkungen haben kann.« Der Autor Friedrich Dürrenmatt, geb. am 5. 1. 1921 in Konolfingen bei Bern als Sohn eines Pfarrers. Studium der Theologie und Philosophie in Bern und Zürich. Zeichner, Graphiker und Illustrator. 1951-53 Theaterkritiker der >Weltwoche< (zürich),="" freier="" schriftsteller="" in="" neuchatel.="" 1967-69="" künstlerischer="" berater,="" direktionsmitglied="" und="" regisseur="" am="" basler="" stadttheater.="" 1970-72="" berater="" am="" schauspielhaus="" zürich.="" 1969="" mitherausgeber="" und="" miteigentümer="" der="" wochenzeitung="">Sonntagsjournal. Zürcher Wochenormal< scheine.«="" die="" beiden="" männer="" schwiegen.="" draußen="" stand="" der="" nebel="" vor="" dem="" fenster,="" stumpf,="" eine="" gesichtslose="" dämmerung,="" die="" grau="" in="" das="" kleine="" zimmer="" voll="" bücher="" und="" aktenstöße="" kroch.="" dazu="" kälte,="" muffige="" luft,="" vermischt="" mit="" dem="" geruch="" irgendeines="" medikamentes.="" matthäi="" erhob="" sich,="" ging="" zur="" türe="" und="" öffnete="" sie.="" draußen="" standen="" zwei="" männer="" in="" weißem="" kittel,="" die="" arme="" verschränkt.="" matthäi="" schloß="" die="" türe="" wieder.="" »zwei="" wärter.="" für="" den="" fall,="" daß="" ich="" schwierigkeiten="" mache.«="" locher="" war="" nicht="" aus="" der="" ruhe="" zu="" bringen.="" »hören="" sie="" mal="" zu,="" matthäi«,="" sagte="" er.="" »ich="" will="" nun="" als="" arzt="" zu="" ihnen="" reden.«="" »wie="" sie="" wünschen«,="" antwortete="" matthäi="" und="" setzte="" sich.="" -5="" 7="">
Ihm sei berichtet worden, fuhr Locher fort und nahm den Füllfederhalter wieder in die Hand, Matthäi habe in der letzten Zeit Handlungen begangen, die man nicht mehr als normal bezeichnen könne. Ein offenes Wort sei deshalb am Platz. Matthäi habe einen harten Beruf, und er werde auch hart mit den Menschen verfahren müssen, die in seine Sphäre gerieten, so müsse er denn auch ihm, dem Arzt, gerechterweise verzeihen, we nn er geradeheraus rede, denn auch sein Beruf habe ihn hart gemacht. Und mißtrauisch. Es sei schließlich merkwürdig, überlege er Matthäis Verhalten, eine einmalige Chance wie dieses Jordanien fallen zu lassen, ganz unerwartet, auf Knall und Fall. Dazu die fixe Idee, einen Mörder suchen zu wollen, den man schon gefunden habe; des weiteren dieser plötzliche Entschluß, zu rau