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V.
rowohlts
monographien herausgegeben
von Kurt Kusenberg
Bertolt Brecht mit Selbstzeugnissen
und Bilddokumenten dargestellt von Marianne Kesting
Rowohlt
Dieser Band wurde eigens für «rowohlts monographien» geschrieben
Den dokumentarischen Anhang bearbeitete Raul Raabe Die Neubearbeitung der Bibhographie (1983) besorgte Helmut Riege Umschlagentwurf: Werner Rebhuhn Vorderseite: Bertolt Brecht
und Paul Dessau, 1955 (Willy Saeger) im Knopfloch
Rückseite: Helene Weigel als Mutter Courage, den Zinnlöffel
der mongolischen Jacke (Ullstein Bilderdienst, Berlin)
im Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Hamburg, Dezember 1959 Copyright © 1959 by Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Hamburg Alle Rechte an dieser Ausgabe vorbehalten Veröffentlicht
Gesetzt aus der Linotype-Aldus-Buchschrift
und der
Palatino (D. Stempel
Gesamtherstellung Clausen Printed in
Germany
780-ISBN
3
AG)
& Bosse, Leck
499 50037 X
308. -315. Tausend Oktober 1983
Inhalt Eine Begegnung mit Brecht
Augsburg und München BerUn
7
11
35
Emigration Die letzten
70
BerUner Jahre
Nachbemerkung
Zeittafel
119
153
154
Quellennachweis der Abbildungen Zeugnisse
161
Bibliographie
Namenregister
164 189
160
F
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EINE
BEGEGNUNG MIT BRECHT Seihst die kleinste
Handlung, scheinbar
ein-
fach Betrachtet mit Mißtrauen! Untersucht, ob es
nötig
ist
Besonders das Übliche!
Wir bitten euch ausdrücklich, findet Das immerfort Vorkommende nicht natürlich! Denn nichts werde natürlich genannt In solcher Zeit blutiger Verwirrung
Verordneter Unordnung, planmäßiger Willkür
Entmenschter Menschheit, damit nichts Unveränderlich
Im Sommer 1954 luden mich Freunde
gelte.
Brechts ein, an seinem Theater
in Ostberlin die Regiearbeit kennenzulernen.
Tag
für
Tag saß
ich
damals dem Berliner Ensemble als Probebühne diente, und sah der Inszenierung des Kaukasischen Kreidekreises zu. Man trat ein durch einen barackenartigen Vorraum, in dem Picassos Friedenstaube und der Wagen der Mutter Courage aufgebaut waren: symbolisches Requisit; drinnen saß Brecht, umgeben von einer Schar junger Leute, in einem Ledersessel und führte Regie. Von kleiner Statur, angetan mit einem grauen sackartigen Anzug und einer Sportmütze auf dem Kopf, schien er auf den ersten Blick eine Mischung von Arbeiter und Sträfling, ein Eindruck, der sich erst verflüchtigte, wenn er, genießerisch an seiner Zigarre saugend, aufmerksam, heiter, eingreifend und verbessernd, fragend oder vormachend, den Vorgängen auf der Bühne folgte. Dabei holte er immer Rat und Meinung der jungen Assistenten ein und ließ keinen Vorin
dem
alten Schuppen, der
schlag unausprobiert.
Das war mehr
als eine freundliche Geste: seine
Art der Kollektivarbeit bestand darin, alle zu gleich wichtigen Mitarbeitern an einer Sache zu machen. Diese Sache, die zunächst als eine des Theaters erschien, entpuppte sich sehr bald schon als ein Projekt
von großem Umfang. Brecht
inszenierte hier nicht nur seine
eigenen Stücke, er setzte nicht nur seine Konzeption Praxis
um,
vom
Theater in
er errichtete auch, innerhalb des Theaters, einen ideal-
kommunistischen Staat eigener Prägung. Auf einer Art selbstgewählter Insel zwischen Ost und West saß Brecht und formuli