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Rosamunde Pilcher Karussell des Lebens scanned by AnyBody corrected by Anouke Es wird allmählich Zeit, daß du seßhaft wirst, heiratest, Kinder bekommst und ein richtiges Heim gründest...» Prue Shackleton, jung, schön und eigenwillig, hat die Ermahnungen ihrer Mutter einmal zu oft gehört. Statt sich um einen vielversprechenden Heiratskandidaten zu kümmern, fährt sie kurz entschlossen zu ihrer Tante ans Meer. Auf ausgedehnten Streifzügen durch die Landschaft Cornwalls mit ihren sanften Hügeln und einsamen Buchten findet Prue Ruhe und Abstand. Doch damit ist es vorbei, als sie Daniel begegnet... ISBN 3 499 12972 8 Die Originalausgabe erschien 1983 unter dem Titel «The Carousel» im Verlag Severn House, Deutsch von Jürgen Abel Copyright © 1991 by Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH Umschlaggestaltung Barbara Hanke (Illustration: Birgit Schössow) Gesetzt aus der Garamond (Linotronic 500) Gesamtherstellung Clausen & Bosse, Leck Autorin: Foto: Isolde Ohlbaum Rosamunde Pilcher wurde 1924 in Lelant, Cornwall, geboren. Nach Tätigkeiten beim Foreign Office und, während des Krieges, beim Women's Royal Naval Service heiratete sie 1946 Graham Pilcher und zog nach Dundee, Schottland, wo sie seither wohnt. Rosamunde Pilcher schreibt seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr. Ihr Werk umfaßt bislang zwölf Romane, zahlreiche Kurzgeschichten und ein Theaterstück. Zwei Romane sind bereits im Wunderlich Verlag erschienen: «Die Muschelsucher» und «September». 1 Meine Mutter stand in ihrem hübsch eingerichteten, von der Septembersonne durchfluteten Wohnzimmer und sagte: «Prue, du mußt von Sinnen sein!» Sie sah aus, als würde sie gleich in Tränen der Enttäuschung ausbrechen, aber ich wußte, sie würde es nicht tun, denn Tränen würden ihr makelloses Make-up verderben, ihr Gesicht anschwellen lassen, ihre Mundwinkel nach unten ziehen und verräterische Furchen vertiefen. So aufgebracht sie sein mochte, sie würde nicht weinen. Ihr Aussehen war ihr wichtiger als fast alles andere, und jetzt stand sie da, auf der anderen Seite des Kaminvorlegers, in einem untadeligen himbeerroten Wollkostüm und einer weißen Seidenbluse, mit ihren goldenen Ohrringen und ihrem Armband mit den Glücksbringern, ihrem silbrigen Haar, das perfekt gewellt und frisiert war. Sie gab sich jedoch sichtlich Mühe, einen Konflikt widerstreitender Emotionen zu unterdrücken - Zorn, mütterliche Sorge, vor allem aber Enttäuschung. Sie tat mir sehr leid. «Ach, hör schon auf, Ma, es ist nicht das Ende der Welt.» Schon während ich das sagte, klang es ziemlich lasch. «Zum erstenmal in deinem Leben hast du einen wirklich gutsituierten Mann an deiner Seite...» «Ma, ‹gutsituiert› ist ein schrecklich altmodisches Wort.» «Er ist charmant, er ist solide, er hat eine gute Stellung, und er kommt aus einer guten Familie. Du bist dreiundzwanzig, und es wird allmählich Zeit, daß du seßhaft wirst, heiratest, Kinder bekommst und ein richtiges Heim gründest.» «Ma, er hat mir nicht mal einen Antrag gemacht.» «Natürlich nicht. Er will es eben gleich richtig anfangen... dich mit nach Haus nehmen und seiner Mutter vorstellen. Das ist vollkommen in Ordnung. Es entspricht seiner ganzen Art. Man braucht euch ja nur zusammen zu sehen, um zu erkennen, daß er rasend in dich verliebt ist.» -3 - «Nigel ist zur Raserei, in welcher Form auch immer, nicht fähig.» «Ehrlich, Prue, ich weiß nicht, was du suchst.» Wir hatten dieses Gespräch so oft geführt, daß ich meinen Text Wort für Wort kannte, als ob ich mich hingesetzt und ihn auswendig gelernt hätte. «Ich habe alles, was ich will. Eine Arbeit, die mir gefällt, eine kleine eigene Wohnung...» «Man kann dieses Kellerzimmer kaum als Wohnung bezeichnen.» «Und mir ist absolut nicht danach, seßhaft zu werden, wie du es nennst.» «Du bist dreiundzwanzig. Ich war neunzehn, als ich heiratete.» Um ein Haar hätte ich gesagt: Und sechs Jahre späte