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Mit 3 Tafeln. Vorgelegt von Herrn Joachim Werner am 7. Februar 1964.
Die zwischen Völkerwanderungszeit und Wikingerzeit liegende Epoche nordgermanischer Geschichte wird nach dem reichen Fundkomplex der Bootgräberfelder von Vendel, Valsgärde und Ultuna, in der schwedischen Landschaft Uppland, Vendelzeit genannt. Die figurengeschmückten Preßbleche der hier gefundenen Helme stellen hervorragende Quellen der germanischen Altertumskunde dar, um deren Deutung die frühgeschichtliche Archäologie ebenso ringt wie die Religions- und Kulturgeschichte.
Das Vendelgrab Nr. 1, ein von Nordosten nach Südwesten orientiertes Bootsgrab mit Skelettbestattung, enthielt im südwestlichen Teil des Bootes reiche Tierbeigaben: drei Pferde, einen Hammel, ein Rind, drei Hunde, ein Schaf, eine Gans und ein junges Schwein. Die Waffen des Toten waren im nordöstlichen Teil beigesetzt: Fragmente vom Helm, von zwei Schwertern und der Schildbuckel sind erhalten. Die den Helm friesartig umgebenden Bildszenen sollen hier Gegenstand der Betrachtung sein.
Es ist augenscheinlich, daß die genannten Bilddenkmäler von Vendel nicht in den Bereich einfacher Abbilder gehören, sondern Sinnbilder sind und damit in ihrem Zeichencharakter einer Interpretation bedürfen, wie sie P. E. Schramm für mittelalterliche Herrschaftszeichen durchgeführt hat. Die Sammlung der in den Motivbereich der Vendelbilddenkmäler gehörenden Sinnbilder soll im folgenden allein die Voraussetzung abgeben, den dritten von P. E. Schramm geforderten methodischen Weg zu beschreiten: die Ergänzung durch die "Wortzeugnisse".
Die bisherigen Interpretationen haben diese bedeutsamen figürlichen Darstellungen in ihrer Gesamtheit oder in einzelnen Motivteilen eingeordnet in den Götter- und Heroenbereich, das heißt dem Göttermythos und der heroischen Dichtung und Sage zugeschrieben. Diese beiden Zuordnungen seien der Reihe nach auf ihre Tragfähigkeit hin beurteilt.
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BAYERISCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN PHILOSOPHISCH-HISTORISCHE KLASSE SITZUNGSBERICHTE • JAHRGANG 1964, HEFT 6
HEINRICH BECK
Einige vendelzeitliche Bilddenkmäler und die literarische Überlieferung Mit 3 Tafeln
Vorgelegt von Herrn Joachim Werner am 7. Februar 1964
MÜNCHEN 1964 VERLAG DER BAYERISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN In Kommission bei der C.H. Beck’schen Verlagsbuchhandlung München
Druck der C. H. Beck’schen Buchdruckerei Nördlingen Printed in Germany
JL)ie zwischen Völkerwanderungszeit und Wikingerzeit liegende Epoche nordgermanischer Geschichte wird nach dem reichen Fundkomplex der Bootgräberfelder von Vendel, Valsgärde und Ultuna, in der schwedischen Landschaft Uppland, Vendelzeit genannt. Die figurengeschmückten Preßbleche der hier gefundenen Helme stellen hervorragende Quellen der germanischen Altertumskunde dar, um deren Deutung die frühgeschichtliche Archäologie ebenso ringt wie die Religions- und Kulturgeschichte.1 Das bedeutendste dieser Gräberfelder, das von Vendel, wurde 1881-83 unter Leitung von Hjalmar Stolpe ausgegraben. Den ersten Bericht über die zutage geförderten Denkmäler gab Stolpe in der „Antiqvarisk Tidskrift för Sverige“ 8.2 In der gleichen Nummer schloß der damalige Reichsantiquar Hans Hildebrand an Stolpes einführende Übersicht die ersten Bemerkungen über Bedeutung und Einordnung der Vendelfunde an3 und brachte bereits die ersten bildlichen Wiedergaben der Preßbleche aus dem Vendelgrab Nr. I.4 Die grundlegende Materialpublikation folgte 1912 durch T. J. Arne, der dazu die Vorarbeiten des 1905 verstorbenen H. Stolpe benützte.5 Das Vendelgrab Nr. I, ein von Nordosten nach Südwesten orientiertes Bootsgrab mit Skelettbestattung, enthielt im südwestlichen Teil des Bootes reiche Tierbeigaben: drei Pferde, einen Hammel, ein Rind, drei Hunde, ein Schaf, eine Gans und ein junges Schwein. Die Waffen des Toten waren im nordöstli