Die Kunst Des Müßiggangs. Kurze Prosa Aus Dem Nachlaß

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Hinter der Zivilisation her ist die Erde voll von Schlackenbergen und Abfallhaufen, die nützlichen Erfindungen haben nicht nur hübsche Weltausstellungen und elegante Automobilsalons zur Folge, sondern es folgen ihnen auch Heere von Bergwerksarbeitern mit blassen Gesichtern und elenden Löhnen … und daß die Menschheit Dampfmaschinen und Turbinen hat, dafür zahlt sie mit unendlichen Zerstörungen im Bild der Erde und im Bilde des Menschen … während dagegegen dafür, daß der Mensch die Violine erfunden, und dafür, daß jemand die Arien im Figaro geschrieben hat, keinerlei Preis bezahlt werden muß. Mozart und Mörike haben der Welt nicht viel gekostet, sie waren wohlfeil wie der Sonnenschein, jeder Angestellte in einem technischen Büro kommt teurer. suhrkamp taschenbuch 100 Hermann Hesse, am 2. 7. 1877 in Calw/ Württemberg als Sohn eines baltendeutschen Missionars und einer württembergischen Missionarstochter geboren, 1946 ausgezeichnet mit dem Nobelpreis für Literatur, starb am 9. 8. 1962 in Montagnola bei Lugano. Seine Bücher, Romane, Erzählungen, Betrachtungen, Gedichte, politischen und kulturkritischen Schriften sind mittlerweile in annähernd 100 Millionen Exemplaren in aller Welt verbreitet und haben ihn zum meistgelesenen europäischen Autor des 20. Jahrhunderts in den USA und in Japan gemacht. Max Brod: »Kafka las Hesse mit Begeisterung.« Alfred Döblin: »Mit einer Sicherheit, die ohnegleichen ist, rührt er an das Wesentliche.« Die Kunst des Müßiggangs ist ein Titel der ersten, 1904 entstandenen Betrachtung dieser Sammlung von größtenteils nicht in Buchform veröffentlichten bzw. nicht mehr zugänglichen Kurzprosatexten, Betrachtungen, Erinnerungen, Studien, Parodien und Erzählungen Hermann Hesses. Das thematische Spektrum der hier chronologisch nach ihren Entstehungsdaten oder dem Zeitpunkt ihrer erstmaligen Publikation angeordneten Texte reicht von der Schilderung der Flüge Hesses während der Pionierzeit der Luftfahrt im Flugzeug oder im Luftschiff des Grafen Zeppelin über die prophetische Karikatur der zur stereotypen Öde perfektionierten Ferienparadiese des kommerziellen Tourismus bis hin zur Parodie der naiven Fortschrittshörigkeit einer Leistungsgesellschaft, »welche den Erfindern des Atom-Nußknackers Ruhmeskränze flicht und den Andrang des Publikums zu den Sonntagsfahrten auf den Saturn nur noch mit Hilfe großer Polizeiaufgebote bändigen kann«. Sämtliche Texte sind in der Hesse-Werkausgabe von 1970 nicht enthalten. Hermann Hesse Die Kunst des Müßiggangs Kurze Prosa aus dem Nachlaß Herausgegeben und mit einem Nachwort von Volker Michels Suhrkamp suhrkamp taschenbuch 100 Erste Auflage 1973 © Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1973 Suhrkamp Taschenbuch Verlag Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das des öffentlichen Vortrags, der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen sowie der Übersetzung, auch einzelner Teile. Druck: Ebner Ulm • Printed in Germany Umschlag nach Entwürfen von Willy Fleckhaus und Rolf Staudt ISBN: 3-518-36600-9 18 19 20 21 – 95 Wenn ich nicht im Grunde ein sehr arbeitsamer Mensch wäre, wie wäre ich je auf die Idee gekommen, Loblieder und Theorien des Müßiggangs auszudenken. Die geborenen, die genialen Müßiggänger tun dergleichen niemals. Hermann Hesse (1928) Von mir aus betrachtet, stellen diese gelegentlichen Aufsätze, die sich wissentlich und absichtlich jener plaudernden Form bedienen, die man »Feuilleton« nennt, erstens einen nur unwesentlichen Teil meiner Arbeit dar, zweitens haben diese etwas spielerischen, häufig ironisch gefärbten Gelegenheitsäußerungen für mich einen gemeinsamen Sinn: den Kampf nämlich gegen das, was ich in unserer Öffentlichkeit den verlogenen Optimismus nenne … [den] Kampf gegen die europäischamerikanische Modereligion vom souveränen modernen Menschen, der es so weit gebracht hat … gegen die zwar kindliche, aber tief gefährliche Selbstgefälligkeit des